2034: Digitaler Detox

Der digitale Entzug, der Keiko half, ihr Leben zurückzugewinnen.

TOKIO

Daniel Egger

1/12/20243 min read

a woman in a city at night time, tokyo
a woman in a city at night time, tokyo
Tokio, Japan: 2034

Im Jahr 2034 ist Tokio zu einer hochvernetzten Metropole avanciert. Keiko, eine 35-jährige Expertin für Cybersicherheit, lebt mitten in dieser digitalen Ära. Die Stadt, einst ein Symbol für die Verbindung von Tradition und Moderne, hat sich stark gewandelt. Tokio ist nun geprägt von fortschrittlicher KI und Robotik, die das Leben in der Stadt und die gesellschaftlichen Strukturen neu gestaltet haben.

In dieser neuen Version Tokios verschwimmen die Grenzen zwischen der realen und der digitalen Welt zusehends. Das hat tiefgreifende Auswirkungen auf romantische, soziale und berufliche Beziehungen. Alles wird durch die Verschmelzung von Realität und Virtualität erfahren, was die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, zusammenarbeiten und Intimität erleben, fundamental verändert. Die Abhängigkeit von Technologie ist im täglichen Leben der Menschen allgegenwärtig.

Keiko, die sich in dieser neuen Welt gekonnt bewegt, sieht ihre berufliche Rolle als wichtiger denn je an. Sie steht an vorderster Front im Kampf gegen Cyberbedrohungen und schützt das komplexe Netzwerk, das das Herz Tokios am Laufen hält.

Ihr Leben nimmt eine dramatische Wendung, als Haruka, ihre beste Freundin und Kollegin, aufgrund von digitaler Überlastung und beruflichem Stress einen Nervenzusammenbruch erleidet. Harukas Zusammenbruch wird in den Medien breit diskutiert und steht stellvertretend für ein gesellschaftliches Problem. Dieser Vorfall veranlasst Keiko, ihre eigene digitale Abhängigkeit zu hinterfragen. Sie nimmt sich vor, die Kontrolle über ihr Leben und ihre digitalen Gewohnheiten zurückzugewinnen.

Spontan beschließt Keiko, ein auf Virtual Reality basierendes Wellnessprogramm auszuprobieren. Ironischerweise vertieft dieser Versuch, sich digital zu entgiften, ihre emotionale Abhängigkeit von der Technologie. Sie erkennt, dass Technologie, die eigentlich soziale Probleme lösen soll, in ihrem Fall die Situation nur komplizierter macht.

Auf der Suche nach einer anderen Lösung greift das Schicksal ein. Sie trifft Haruka in einem Café, wo sie bei einem erfrischenden Getränk über ein spezielles, von der Regierung finanziertes Programm für einen digitalen Entzug sprechen. Diese öffentliche Initiative zeigt, wie wichtig der Regierung die psychische Gesundheit ihrer Bürger ist. Sie erkennt an, dass psychische Gesundheit genauso wichtig ist wie körperliche Gesundheit, und bietet staatlich unterstützte Wege zum digitalen Entzug an.

Keiko ist fasziniert von der Aussicht auf einen digitalen Entzug und meldet sich eifrig für das "Mental Health Digital Detox Program" der Regierung an. Das Programm findet in einer ruhigen, grünen Oase statt, weit weg vom Lärm der Stadt, und verspricht eine Umgebung, die zur mentalen Erholung beiträgt. Bei ihrer Ankunft gibt Keiko ihre digitalen Geräte ab, ein wichtiger Schritt, um sich von ihrer Online-Identität zu lösen.

Im Laufe des Programms nimmt Keiko an verschiedenen Aktivitäten teil, die ihr helfen, eine tiefere Verbindung zu sich selbst und zur Natur aufzubauen. Sie lernt, ihre Gedanken im Hier und Jetzt zu verankern und dadurch ihre Entzugssymptome zu bewältigen. Naturwanderungen bieten ihr einen Kontrast zur Beton- und Digitalwelt Tokios und ermöglichen es ihr, ein Gefühl von Frieden und Erdung zu erfahren.

Doch während ihrer Isolation erlebt Keiko eine Flut von Emotionen – von Angst und Unruhe bis hin zu einem tiefen Gefühl des Verlusts. Es ist, als würde ihr ein Teil ihres Körpers entfernt. Ein empathischer Berater unterstützt sie in dieser schwierigen Phase und hilft ihr, durch eine lange und gut vorbereitete Meditationssitzung das emotionale Ungleichgewicht zu bewältigen.

Keiko wird ermutigt, diese Zeit der Einsamkeit zu nutzen, um ein Gefühl der Unabhängigkeit in ihren digitalen Interaktionen und beruflichen Leistungen zu entwickeln. Sie lernt, geduldig mit sich selbst zu sein und zu erkennen, dass dieser Prozess sowohl das Verlernen alter Muster als auch das Annehmen neuer Perspektiven beinhaltet.

Als Keiko nach Tokio zurückkehrt, versucht sie, die Ruhe und Achtsamkeit, die sie im Rückzugsort gefunden hat, in ihren Alltag zu integrieren. Anfangs gelingt ihr das, aber bald überschatten die Anforderungen ihrer Karriere in der Cybersicherheit ihre Bemühungen. Die digitale Welt zieht sie allmählich wieder in ihren alten Trott.

In ihrer Wohnung, umgeben von städtischem Lärm, steht Keiko an einem Scheideweg. Die Anforderungen ihres Jobs und die digitale Immersion der Stadt fordern sie heraus und machen es schwierig, das friedliche Gleichgewicht, das sie kurzzeitig gefunden hatte, aufrechtzuerhalten. Sie erkennt, dass es schwieriger als erwartet ist, ihre neu gewonnenen Praktiken in ihren Alltag zu integrieren.

Auf ihrem Balkon, mit Blick auf die glitzernde Skyline Tokios, erinnert sich Keiko an den Rückzugsort und schöpft neuen Mut. Ihr Kampf, in einer von der Digitalisierung geprägten Welt das Gleichgewicht zu finden, hat gerade erst begonnen. Sie beschließt, sich im nächsten Jahr erneut für das Entzugsprogramm anzumelden. Dies ist ein Zeichen dafür, dass sie verstanden hat, dass die Suche nach Harmonie in einer digitalen Welt ein kontinuierlicher Prozess ist, der ständige Anstrengung und Widerstandsfähigkeit erfordert.

Keikos Reise ist nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern spiegelt auch die Erfahrungen vieler Menschen in einer Welt wider, die sich ständig mit neuer Technologie weiterentwickelt. Die Herausforderung, ein gesundes Verhältnis zur Technologie zu finden und die digitale Welt mit dem realen Leben in Einklang zu bringen, wird in den kommenden Jahren immer wichtiger werden.