#53 Haptische Technologie: Kann sie Umarmungen ersetzen?
Kann die Technologie eine Umarmumg auf der Haut simulieren, die ihr in dieser kalten Welt so schmerzlich fehlt? Kann eine haptischen Technologie, eine Umarmung ersetzen?
5/7/20244 min read
Lisas Blick wandert von der pulsierenden Wand ihres Apartments zu der Schlagzeile im Newsfeed. In ihr keimt eine Mischung aus Hoffnung und Skepsis. Kann die Technologie eine Umarmumg auf der Haut simulieren, die ihr in dieser kalten Welt so schmerzlich fehlt? Kann eine haptischen Technologie, eine Umarmung ersetzen? .
Ist dies der Beginn einer neuen Ära des Fühlens, oder ist es nur einen weiteren Hype, eine Fata Morgana in einer Welt, die sich immer weiter von ihrer eigenen Menschlichkeit entfernt?
Barcelona, 2034:
Eine Träne rinnt ihr über die Wange, als Sarahs Blick auf den Bilderrahmen in ihrer Hand fällt. Darin ein lächelndes Gesicht ihrer geliebten Oma. Die Falten um ihre Augen - alles so vertraut, jetzt schmerzlich fern. Zwei Monate sind seit dem Tod ihrer Großmutter vergangen, und der Schmerz in ihrem Herzen wird nur noch größer.
Sarah fährt mit den Fingern über den Rand des Rahmens. Oma war immer der Gegenpol zur Härte der Welt. Selbst an den schlimmsten Tagen konnte Sarah sich auf die Wärme ihrer Umarmung verlassen. Oma war nicht nur eine Großmutter für Sarah, sie war ihre beste Freundin, Vertraute und Quelle der Stärke.
"Alle, die ich liebe, sind einfach... weg", flüstert sie, die Worte hängen in der stillen Luft ihrer Wohnung. Der "Neuanfang", den sie mit dem Umzug in diese Stadt verfolgte, ist schal geworden, und die anfängliche Aufregung erstickt.
Sarahs Blick fällt auf eine halb gelesene Schlagzeile. "Haptische Technologie: Fühle die Musik, fühle die Verbindung." Der Artikel beschreibt eine neue Technologiewelle, die verspricht, Musik von einem reinen Hörerlebnis zu einem Erlebnis für den ganzen Körper zu erheben - sie ahmt die Empfindung der Berührung mit Schallwellen nach.
Könnte es sein? In Sarahs Gedanken tauchen Bilder des Clubs Resonance auf. Instinktiv greift sie nach ihrem Handy. Eine schnelle Suche, ein paar weitere Artikel... Was wäre, wenn - nur was wäre, wenn - auch nur ein Bruchteil dieser Versprechen wahr wäre?
Der Knoten in ihrem Magen löst sich leicht, ersetzt durch ein Fünkchen Vorfreude. Verzweiflung vielleicht? Möglich. Aber angesichts dieser gnadenlosen Einsamkeit fühlt sich selbst eine schwache Chance auf Verbindung gut an.
Neonlichter bluten auf die regennasse Straße draußen in Barcelonas Straßen - Resonance pulsiert in der dunklen Nacht mit seinen Neonlichtern. Sarah fasst sich ein Herz und tritt durch die Tür, Wärme umhüllt sie, während die Kälte der Nachtluft hinter ihr verblasst. Gedämpftes Licht spielt über strukturierte Wände, die scheinbar die Farbe wechseln. Die Menge bildet ein bewegtes Mosaik, aber statt der hektischen Energie der meisten Clubs herrscht hier eine eigenartige Ruhe.
Der zentrale Tanzboden brummt mit vibrierender Musik, aber das zieht Sarahs Aufmerksamkeit nicht auf sich.
Es ist ein kleinerer Nebenraum, dessen Wände mit weichem Stoff drapiert sind, der sie anzieht. Das sanfte blaue Licht ist fast ätherisch. Das Brummen der Musik hier ist leiser, ein tiefer Unterstrom statt der treibenden Kraft. Sie zögert, fühlt sich plötzlich fehl am Platz in ihren Jeans und T-Shirt, umgeben von Menschen in schicken, futuristischen Overalls.
Als sie näherkommt, beginnt Sarah etwas über die Musik hinaus zu fühlen. Eine leichte, rhythmische Vibration berührt ihre Haut, eine sanfte, fast spielerische Empfindung, die durch die Luft wogt. Sie schließt für einen Moment die Augen und konzentriert sich auf das Gefühl. Es ist, als würde ein tröstendes Gewicht auf ihren Schultern ruhen, seltsam die Empfindung einer freundlichen, vertrauten Umarmung nachahmend. Entgegen allen Erwartungen zieht sich langsam ein Lächeln über ihre Lippen. Die Empfindung ist so real und greifbar, dass es schwer zu glauben ist, dass es nur Technologie ist.
Sarah öffnet die Augen und sieht eine Clubangestellte in der Nähe des Eingangs stehen. Die Frau trägt einen der neuen modernen Overalls. "Das ist die Ruhezone", sagt sie, ihre Stimme sanft über der leisen, atmosphärischen Musik. "Die Haptik hier ist niedrig eingestellt, konzentriert auf Entspannung - wie eine warme Umarmung der Musik."
"Es fühlt sich wirklich so an", gibt Sarah überrascht zu. Haben sie irgendwie ein Gefühl der Berührung aus dem Nichts geschaffen? "Das hoffen wir", antwortet die Angestellte. „Möchten Sie eintreten? Die meisten Menschen finden es ziemlich beruhigend.“
Sarah betritt den Raum, zögernd, aber von Neugier getrieben. Die sanften Vibrationen umhüllen sie wie eine warme Decke. Die Musik, langsam und sanft.
Tränen steigen ihr in die Augen. Nicht Tränen der Verzweiflung, sondern eines seltsamen, schönen Trostes. Die Last, die sie so lange getragen hat, scheint ein wenig leichter zu werden als sie die Vibrationen wie eine Umarmung auf ihrem Körper spürt.
Sie ist nicht allein. Um sie herum sind Gesichter, nicht von ausgelassener Freude, sondern von Gelassenheit geprägt. Tränenspuren sind auf mehr als nur ihren Wangen zu sehen. Die Einsamkeit ist nicht verschwunden, aber zum ersten Mal seit Wochen fühlt sie sich nicht allumfassend an.
In Sarahs Wohnung vollzieht sich ein leiser Wandel, voller Bedeutung. Sonnenstrahlen dringen ungehindert in die Ecken ein, die Stapel von Kisten wirken weniger bedrohlich. Eine zögernde Entschlossenheit liegt in der Luft, während Sarah im Schneidersitz auf dem Boden sitzt, umgeben von Fotos, die wie ein Meer der Erinnerungen vor ihr ausgebreitet sind.
Im Gegensatz zur ersten Nacht lösen die Bilder keine erdrückende Trauerwelle mehr aus, sondern eine bittersüße Mischung aus Nostalgie und Entschlossenheit. Sarahs Blick gleitet über die vertrauten Gesichter, lächelt und seufzt zugleich. Die Erinnerungen an ihre geliebte Oma, Gran genannt, sind allgegenwärtig, schmerzlich und doch voller Wärme.
Neben ihr liegt ein elegantes, handgroßes Gerät - eine persönliche haptische Lautsprecher. Neugierig greift Sarah danach, ihre Finger streichen über die sanften Kurven, die Verbindung in Abwesenheit von Berührung verspreche. Mit einem Tastendruck erfüllt sich der Raum mit sanfter Musik, nicht den pulsierenden Beats von Resonance, sondern einer schmerzhaft vertrauten Melodie. Es ist eines von Grans Lieblingsliedern, die beruhigende Melodie hallt durch den Raum... und erst die Haptik.
Die Vibrationen sind subtil, eine rhythmische Wärme, die gegen ihre Hand pulsiert und seltsam scheint, als würde sie die sanfte Atmung ihrer Oma nachmachen. Tränen steigen ihr in die Augen, diesmal nicht stechend, sondern voller Freude an die positiven Erinnerungen. Ein Lächeln zieht sich über ihre Lippen.
In den folgenden Wochen wird die haptische Einheit zu Sarahs ständigem Begleiter. Sie nutzt sie, um Grans Lieblingslieder zu hören, alte Fotos anzusehen und sogar Briefe an sie zu schreiben. Die simulierte Berührung bringt ihr Trost und die Gewissheit, dass sie nicht allein ist.
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Daniel Egger, Innsbruck, Unternehmensberatung
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